Sardische Messer - ein scharfes Souvenir mit Tradition

Auf Sardinien sind handgefertigte Messer für die Inselbewohner ein nicht wegzudenkender Bestandteil ihres Alltags. Sardische Messer sind unentbehrliches Werkzeug und Statussymbol zugleich. Die uralte  Kunst der Messerherstellung ist auf der Insel erhalten geblieben und bis heute werden dort Klappmesser in Handarbeit angefertigt. Wer ein solches Prachtstück als Erinnerung an den Urlaub auf Sardinien mit nach Hause nehmen möchte, sollte sich im Klaren sein, dass Handwerkskunst auch auf Sardinien ihren Preis hat und um die maschinell gefertigte Billigware in den Souvenirshops an der Küste einen Bogen machen.

Handgefertigte sardische Messer sind Einzelstücke und zeichnen sich durch aufwendig verzierte Klingen und Griffe aus sardischem Mufflonhorn aus. So ein Exemplar kann 300 Euro und mehr kosten. Die schönsten Exemplare findet man in kleinen Messerschmieden. Besonders drei Orte auf Sardinien sind für ihre traditionellen Messer bekannt: Arbus, Pattada und Guspini.

Arbus und sein Museum für sardische Messer

Das Örtchen Arbus liegt in den Bergen unweit der Costa Verde im Südwesten der Insel. Von hier stammt das Arburesa genannte Klappmesser, das sich durch seine charakteristische gebogene Klinge auszeichnet. Hergestellt und verkauft wird es beispielsweise in der der Coltelleria L’Arburesa di Francesco Pusceddu.

Wer sich für sardische Messer interessiert, sollte sich einen Besuch im Messer-Museum von Arbus, dem Museo del Coltello, nicht entgehen lassen. Hier ist das kleinste Klappmesser der Welt zu bestaunen. Auch das größte und schwerste Exemplar wir dort ausgestellt. Es hat sogar schon zweimal den Eintrag ins Guinness Buch der Rekorde geschafft: zunächst 1989 mit einer Länge von 4,85 m als größtes Klappmesser der Welt und 2001 mit 295 kg als schwerstes der Welt. Aber das Museum hat natürlich noch mehr zu bieten als Kuriositäten. Zahlreiche antike Messer geben einen guten Überblick über die sardische Messertradition. Das wichtigste Ausstellungsstück ist aber die Esse, in der die entzündete Schmiedekohle zur Erwärmung des Metalls mit Hilfe eines Blasebalgs auf maximale Temperaturen gebracht wurde. Zur Formgebung der Klinge standen dem Schmied (Ferreri) verschiedene Werkzeuge wie Amboss, Zangen, Schmiedehammer und Schraubstock zur Verfügung.Ein Besuch in dem wunderschön restaurierten alten Gebäude des Museums in Arbus lohnt sich in jedem Falle.

Guspini und seine Hirtenmesser

Der Ort Guspini ist auf der ganzen Insel für seine Hirtenmesser bekannt. Die von Hand gefertigten Einzelstücke der Coltelli Guspinesi haben eine leicht runde Klinge und einen Griff aus Hammelhorn. Schaft und Klinge werden in tagelanger filigraner Handarbeit hergestellt – viele der kostbaren Einzelstücke sind fast zu schade zum Schneiden. Das sardische Hirtenmesser Coltello Guspinese existiert in zwei Varianten – mit spitzer und mit stumpfer Klinge. Letztere ist auch als sardisches Bergarbeitermesser bekannt. Es entstand 1908, nachdem ein Gesetz, das Decreto Giolotti, verbot, in den Bergwerken und Arbeiterunterkünften mehr als vier Zentimeter lange Spitzmesser mitzuführen. In der rauhen Welt der Bergarbeiter kam es nicht selten zu Aufständen, Streitigkeiten und Messerstechereien zwischen den Arbeitern. Indem man spitze Messer verbot, wollte man allzu blutige Auseinandersetzungen verhindern. Heute wird das Coltello Guspinese in zahlreichen Messerschmieden verkauft.

Die Klappmesser von Pattada

Das Pattadesa ist ein Klappmesser mit einem Griff aus Mufflon- oder Widderhorn und einer spitzen Klinge. In der Provinz Sassari liegt die Berggemeinde Pattada, wo diese Messerform angefertigt wird, die deshalb diesen Namen trägt. Die Handwerker von Pattada haben den Ruf, das größte Geschick bei der Herstellung von Klappmessern zu besitzen.

Das Pattada-Messer ist mir unheimlich. Es ist scharf wie eine Rasierklinge. Zudem bin ich mehrfach Zeuge gewesen, wie ein schneller, scharfer Schnitt das Leben junger Milchlämmer beendete. „So ist das Leben“, kommentieren meine sardischen Freunde das Geschehen: „Grausam, aber unvermeidlich.“ Ich mag dem nicht widersprechen; denn so ein Milchlamm, auf sardische Art über dem offenen Feuer gebraten, ist eine echte Delikatesse für alle Nicht-Vegetarier.

Mir persönlich gefällt das stumpfe Messer aus Guspini am besten, weil es das perfekte Frühstücksutensil ist, zum Beispiel, um sich nach gut deutscher Art auf Sardinien eine Scheibe Brot zu schmieren.

Neben den Messern wird auf Sardinien auch Grillzubehör gefertigt. Die vielen Märkte auf der Insel bieten meist eine große Auswahl an handgeschmiedeten Spießen, Brat- und Grillrosten, Kaminschaufeln und allem, was Sarden und Touristen für das Braten am offenen Feuer brauchen.

 

Mit einem sardischen “Adiosu” verabschiedet sich für heute

Joachim Waßmann