… ist nicht schwer, Landlord sein dagegen sehr.
Es lohnt sich, ein Ferienhaus auf Sardinien zu kaufen. Es gibt tolle Häuser am Markt, und die Preise sind so niedrig wie schon lange nicht mehr. Kauf und Abwicklung sind unproblematisch. Ein „ABER“ aber gibt es: Stolperfallen!

Davon berichte ich in mehreren Beiträgen.

Schon ganz früh war ich mir sicher, dass Sardinien „meine Insel“ war. Das war 1973, als ich zum zweiten oder dritten Mal Urlaub in Budoni machte. Mit meinem väterlichen Freund Salvatore besichtigte ich reihenweise in Frage kommende Immobilien. Natürlich sollte es ein altes Hirtenhaus sein. Die gab es nämlich zu Preisen, die für ein Lehrergehalt zu stemmen waren und hatten exakt das Flair, das ich so liebe.

Nach langer Suche wurde ich fündig: Im kleinen Weiler S‘ Iscala erstand ich 1974 für stolze 30.000 DM mein Traumhaus. Renovierungsbedürftig, aber eigentlich bewohnbar; denn schließlich hatten es vor mir schon Generationen sardischer Hirten darin ausgehalten.

Pläne waren schnell gemacht. In Gedanken sah ich mich schon auf der – noch zu erbauenden – Terrasse im Kreise von Freunden und Verwandten als Hausherr einer Immobilie, um die mich alle beneiden mussten. Dass der Weg dahin steinig werden würde, hätte ich mir im Glücksgefühl, erstmalig in meinem 30-jährigen Leben eine Hütte mein Eigen nennen zu dürfen, nicht träumen lassen.

Hausbau die Erste

Da war ich nun praktisch über Nacht Hausherr geworden! Was tun? Ich beschloss, Nägel mit Köpfen zu machen und dem Prinzip „einmal für immer“ zu folgen. Ich bat Salvatore, einen kostengünstigen Weg zu finden. Er empfahl einen Bekannten. Das war mir zu wenig. Bei einem solchen Vorhaben musste man doch, das wusste ich aus Deutschland, mehrere Angebote einholen und vergleichen. Einfach einen Bekannten bitten? – Das ging nicht! Eine Ausschreibung musste her!

Bewerber zu finden war nicht schwer; denn zu jener Zeit tummelten sich zahlreiche Aspiranten auf dem „Markt“. Damals war in Budoni Arbeit Mangelware, und viele versuchten, diesem Dilemma als ICH-AG zu entkommen. Auf diesem Nährboden wollte ich eine gute, aber billige Suppe kochen!

Dass keiner dieser selbsternannten Maurermeister ein Diplom vorweisen konnte, hätte mir mein Freund Salvatore sagen können. Ich verzichtete aber auf seinen Rat, weil mir Wettbewerb wichtiger war.
Es bewarben sich ein halbes Dutzend „Unternehmer“ um die von mir ausgeschriebenen Arbeiten. Der günstigste war ausgerechnet mein direkter Nachbar. „Du hast gewonnen“, erklärte ich ihm, „dein Angebot passt.“ Um alle Zweifel auszuräumen, fragte ich noch, ob er mir denn auch zusichern könne, eine gute Arbeit abzuliefern. „Wir sind Nachbarn“, antwortete er feierlich. „Wir müssen uns ein Leben lang in die Augen sehen. Kannst du dir vorstellen, dass du nicht alles zum Besten bekommst?“ Das überzeugte mich. Er bekam die vereinbarte Anzahlung und legte los.

Er sollte das Haus um ein Bad mit WC und Abflüssen bereichern, die Elektroinstallation erneuern, das Dach neu decken, Fenster, Fensterläden, Türen und Fußböden einbauen, eine schöne Terrasse und einen Balkon anlegen.

Die Arbeiten konnte ich nicht begleiten, weil zwischenzeitlich meine dreimonatigen Sommerferien zu Ende gegangen waren. Ich musste nach Rom zurück, um meine Arbeit als Lehrer an der Deutschen Schule Rom wieder aufzunehmen. Mir war das recht; denn ich verspürte nicht die geringste Lust, als Hilfsmaurer zu assistieren.

Das war keine gute Entscheidung; denn als ich in den Weihnachtsferien meine „Finca“ besuchte, war sie zwar wie verabredet fertig, aber „zum Besten“ keineswegs. Alle Arbeiten waren enttäuschend schlecht und schlurig ausgeführt. Es passte eigentlich nichts zusammen. Hier hatte einer gearbeitet, der von Tuten und Blasen keine Ahnung hatte! Als Paradebeispiel rieb ich ihm die Montage eines Fensterladens unter die Nase. Den konnte man nämlich nur in einem Winkel von 120 statt 180 Grad öffnen, weil er neben das Fenster den stromzuführenden Mast hatte platzieren lassen. Der verhinderte die vollständige Öffnung. Nichtsdestotrotz hatte er pflichtgemäß in der Hauswand dahinter den für die Fensterklappe unerreichbaren Halter befestigt.

Daran mag der Leser sehen, mit wie wenig Verstand gearbeitet worden war. Allerdings: Das war ein Defekt, mit dem man leben konnte. Eine lässliche Sünde sozusagen.

Lebensgefährlich hingegen entwickelte sich unser Bad. Ich hatte gebeten, für die Dusche einen bodentiefen Ablauf zu erstellen, um überschüssiges Duschwasser bequem entsorgen zu können. Das klappte auch hervorragend. Die ersten Male. Irgendwann bemerkte ich dann aber unter der Dusche ein leichtes Kribbeln. Ich dachte mir nichts dabei, empfand die Fußreflexzonen-Stimulierung sogar als richtig angenehm. Beim dritten oder vierten Duschen war es dann aber vorbei mit den schönen Gefühlen: Das Kribbeln entlud sich in einem unerträglichen Crescendo zu einem veritablen Stromschlag, dem ich zum Glück mit einem Riesensatz aus der Dusche entkommen konnte. Was war geschehen? – Mein Maurer hatte unter dem Boden der Dusche Elektrokabel verlegt und schlampig isoliert! Die beim Duschen freiwerdende Feuchtigkeit hatte dann piano-piano für den Rest gesorgt.

Übel wurde es auch, als der erste Regen kam. Das schöne neue Dach war so undicht, dass ich im Wohnzimmer duschen konnte! Und ganz dicke kam es einige Monate später. Für das Bad hatte er im Garten eine Sickergrube angelegt. (Kanalisation gab es noch nicht.) Diese Grube befand sich unglücklicherweise über dem Niveau der dahinter verlaufenden Dorfstraße, und so dauerte es nicht lange, bis meine Abwässer munter die Straße hinabflossen.

Mein Handwerker fand daran nichts Schlimmes. Er beteuerte mir im Gegenteil, dass er doch genau das gemacht hatte, was ihm aufgetragen worden sei. Dabei blieb er, obwohl die Last der gegenteiligen Beweise nach meiner Meinung erdrückend war und die Dorfbewohner heftig gegen die zu Himmel stinkenden Abwässer protestierten.

Ich kochte vor Zorn, konnte aber nicht umhin, den Dörflern Recht zu geben. Ich würde alles richten, sagte ich zu. „Aber nie wieder mit sardischen Handwerkern, sondern nur noch mit deutschen!“ Die drohte ich einfliegen zu lassen, damit das Dorf sehen könne, wie ordentliche Arbeit aussieht.

Diese Ankündigung wurde mit betretenem Schweigen, immerhin aber mit erkennbarer Hochachtung für deutsche Wertarbeit quittiert.

Wie sich meine deutschen Handwerker auf Sardinien schlugen, lesen Sie im zweiten Teil.

Mit einem sardischen “Adiosu” verabschiedet sich für heute

Joachim Waßmann