Im ersten Kapitel zu diesem Thema hatte ich ausgeführt, dass Ferienhäuser auf Sardinien vergleichsweise günstig sind. Man kann auch heute wieder echte Schnäppchen ergattern, wenn … ja wenn das Wörtchen „wenn“ nicht wäre. Man macht zugegebenermaßen nicht immer alles richtig, und wenn man am Ende Bilanz zieht, dann ergibt sich das eine oder andere Fragezeichen …

Da hatte ich nun für 30.000 DM ein Hirtenhaus von 160qm in Strandnähe erworben, hatte mit dem Kauf eigentlich alles richtig gemacht und stand nun vor den Scherben meiner Investitionspolitik: Ein von unfähigen Handwerkern renoviertes Haus, das komplett renoviert werden musste. „Aus Schaden wird man klug“, dachte ich und beschloss, es von nun an besser zu machen. Ich würde meinem Maurer und den Leuten aus S´ Iscala schon zeigen, wie „richtige“ Renovierung von „richtigen“ Handwerkern aussieht! Ich platzierte also eine Kleinanzeige in der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung, dass ich erfahrene Handwerker für ein Projekt in Sardinien suche. Fahrt, Unterkunft und Verpflegung frei.

So ganz begeistert wie ich dachte schien der Arbeitsmarkt nicht zu sein, aber immerhin gab es ein paar Bewerber zur Auswahl. Die Verhandlungen liefen darauf hinaus, dass nur zwei junge Männer infrage kamen. Das waren die einzigen, denen das Angebot „Unterkunft, Fahrt und Logis frei“ richtig gut gefiel. Die Profis unter den Handwerkern verlangten dagegen noch ein Zusatzgeld für die lange Abwesenheit von ihren Familien, und das wollte und konnte ich nicht akzeptieren. Schließlich ging es auf meine Trauminsel, und genügend Freizeit für Strand und Meer hatte ich in Aussicht gestellt.

Bodo und sein Handlanger gaben sich als Maurer und Elektriker mit Gesellenbrief aus, und das war ja eigentlich genau das, was ich brauchte. Ich handelte einen erträglichen Stundenlohn aus und stellte die beiden ein. Entgegen dem Rat meiner Frau verzichtete ich darauf, mir die Gesellenbriefe zeigen zu lassen. Das war leider ein fataler Irrtum, wie sich noch herausstellen sollte.

In den Osterferien reisten die beiden gutgelaunt an, gingen mit Zettel, Bleistift und fachmännischer Miene um das Haus herum und schrieben auf, was alles zur sardischen Pfuschbeseitigung getan werden müsse. „Das ist echtes Profitum“, dachte ich begeistert und erklärte meinen Nachbarn großmäulig, dass jetzt Schluss mit sardischem Schlendrian sei. Man nahm das betreten schweigend zur Kenntnis.

Der erste Arbeitstag begann um 10.00 Uhr. Sie seien ja nicht hier, entgegneten sie meinem Protest, um sich ab 07.00 Uhr abzurackern. Ich hätte ja auch Freizeit versprochen. Dann baten Sie mich um Kaffee und rollten sich gemütlich einen Dreiblattjoint. Diese Prozedur wiederholte sich jeden Morgen. Danach wurde ein wenig, aber nie zu viel gearbeitet, und zum Feierabend nahmen sie sich den versprochenen Strandurlaub.

Die erste Sanierungsarbeit betraf das undichte Dach. „Na klar“, diagnostizierten sie, „die haben vergessen, die Dachfugen abzudichten“. Ich konnte diese Diagnose zwar nicht so richtig teilen, weil nach meinem Verständnis Ziegel nur verlegt werden, wollte aber nicht widersprechen. Ich hatte es ja mit Profis zu tun…

Das Abdichten war ein echter Schlag ins Wasser, das Verfugen erfolglos. Die Träger der Dachunterkonstruktion bestanden aus Ginsterbalken, darüber waren Schilfmatten gelegt, darüber eine dünne Schicht Zement und dann „Mönch“ und „Nonne“. So heißen in Sardinien die Standardziegel. Mönch und Nonne unterschieden sich überhaupt nicht. Man musste sie nur konkav und konvex* verlegen.

Man kann sich vorstellen, dass ein dergestalt elastisches Dach es nicht zulässt, zwischen Fuge und Ziegel eine dauerhaft stabile Verbindung herzustellen. Schon beim ersten Sturm konnte man das sehen. Also entschlossen sich meine Maurer nach dem Prinzip „viel hilft viel“ vorzugehen. „Wir haben zu dünn und zu wenig verfugt“, befanden Sie. Also verkleideten sie die Nonnen mit einer durchgehenden Zementdecke. „Da kann nichts mehr reißen“, stellten die Handwerker fest und steckten sich zur Belohnung ein Tütchen an. Die Dorfbewohner nahmen das gleichmütig zur Kenntnis. Nach wenigen Tagen aber bogen sich die Trägerbalken bedenklich. Immerhin: Das Dach hielt dem ersten Regen stand. Die Reparatur wirkte nicht unbedingt profihaft, aber sie erfüllte ihren Zweck. Zunächst.

Als nächstes stand die Umwandlung der Sickergrube in ein Auffangbecken auf dem Programm. Hier zeigten die beiden, was in ihnen steckt. In einem Anfall von Arbeitseifer hoben sie eine Grube von vier mal zwei Meter aus, betonierten sie aus und verpasstem dem Ganzen einen Bitumenanstrich. „Da dringt keine Kacke mehr aus“, verkündeten sie stolz. Tatsächlich! Als wir das Becken an die Kanalisation anschlossen, füllte es sich nach und nach. Nach wenigen Tagen war es etwa 50 cm hoch mit Abwässern gefüllt, und nichts davon sickerte mehr auf die dahinter verlaufende, tiefer liegende Straße.

Probephase bestanden! Jetzt konnte es daran gehen, die Grube abzudecken und zu schließen. Maurer Bodo hatte beim Baustoffhändler zwei Meter lange, hohle Tonsteine gefunden. Die wurden in Sardinien zwar eigentlich für Dachkonstruktionen verwendet, aber Bodo fand, dass man sie exakt über die Grube legen kann. Darüber wollte er eine dicke Lage Estrich verteilen. „Wenn der hart ist, kannst du auf deiner Klärgrube Rockn´Roll tanzen.“

Meine Nachbarn beobachteten, wie meine beiden Edelhandwerker profimäßig Estrich mischten und mit elegantem Schwung auf die Tonplatten warfen. Mir wiesen sie die Aufgabe zu, den Estrich vorsichtig zu verteilen und mit der Schaufel festzuklopfen. So langsam kam das halbe Dorf zusammen, um den „Professore“ – das war ich in ihren Augen – bei der Arbeit zu sehen. Ich gab mir daher die größte Mühe, richtig profihaft zu arbeiten, denn schließlich stand mein Renommee auf dem Prüfstand. Wahrscheinlich hatte ich es zu gut machen wollen. Ob ich zu fest geklopft hatte, ob die geplante Konstruktion schlecht durchdacht war oder was auch immer: Nach der Hälfte der Arbeit brachen die Ziegel durch und ich fand mich unversehens auf dem Boden der Tatsachen, 50 Zentimeter hoch in meiner eigenen Scheiße stehend!

Meine Nachbarn verzogen keine Miene. Kein Lacher, nicht einmal ein höhnisches Grinsen. Sie wandten sich ganz einfach ab und gingen ihrer Wege. Was sollten sie auch sagen? Mit mir über deutsche Handwerker und deren Wertarbeit diskutieren? Das war nicht mehr nötig!

Man wird verstehen, dass ich nach dieser Blamage meinen zweiten Renovierungsversuch abbrach und die dafür verantwortlichen Handwerker zum Teufel jagte. Ich versuchte mich so gut es ging in meiner Traumvilla einzurichten. Es half aber nichts. Das Dach drohte nach einem Jahr einzustürzen. Es musste die dritte Renovierung ran.

Es fiel mir nicht schwer, auf deutsche Handwerker zu verzichten. Freunde halfen mir, und so präsentiert sich das Haus heute so, wie ich es mir anfangs erträumt hatte. (Wer es mieten möchte, soll mir in diesem Blog antworten.)
Im dritten Teil dieser Serie werde ich Kaufwilligen Tipps geben. Wer die beachtet und nicht vergisst, dass im Süden Uhren und Menschen nicht immer so ticken, wie man´s gewohnt ist, wird mit seinem Traumhaus mehr Glück haben als der Verfasser dieses Blogs.

Mit einem sardischen “Adiosu” verabschiedet sich für heute

Joachim Waßmann

*Wer wie ich Probleme hat, konkav und konvex zu definieren, dem sei diese Eselsbrücke gegeben: Ist das Mädchen brav, ist der Bauch konkav. Wird der Bauch konvex, hatte das Mädchen…